Antike Weisheit: Cicero widerlegt Altersbilder

Cicero der Junggebliebene – KI-Bild generiert via Midjourney
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Seit Tausenden von Jahren philosophieren die Menschen über das Alter. Aber sind die Erkenntnisse von damals heute noch aktuell? Ein Text von Cicero aus dem Jahr 44 v. Chr. mit klugen Überlegungen zum Alter passt ganz gut ins heutige Mindset.

Von Robert Eysoldt

Bei meinen Recherchen zum Thema Altern bin ich auch auf ein Werk von Cicero gestoßen. Marcus Tullius Cicero, Staatsmann, Redner und Philosoph im alten Rom. Im Jahr 44 v. Chr. schrieb er eine sehr interessante philosophische Abhandlung über das Alter.

In seinem Traktat „Cato Maior de Senectute“ schreibt er – damals 62 Jahre alt – über die Vorzüge und Herausforderungen des Alters. Cicero stellt Cato den Älteren als Hauptfigur vor, der in einem fiktiven, lebhaften Dialog mit zwei Freunden über das Alter diskutiert.

Aus dem Munde Catos schildert Cicero seine Gedanken und entwirft ein positives Bild des Alters, das im krassen Gegensatz zu den vorherrschenden Meinungen der Zeit steht.

Cicero vertritt die Auffassung, dass das Alter nicht mit Verfall und Traurigkeit verbunden sein muss, sondern eine Lebensphase voller Vorteile und Freuden sein kann.

Vier Hauptvorwürfe gegen das Alter

Cicero nennt vier Hauptvorwürfe, die man gewöhnlich gegen das Alter erhebt: Es zieht uns von aktiven Beschäftigungen zurück, es schwächt den Körper, es beraubt uns fast aller Vergnügungen, und es nähert sich dem Tod. Aber Cicero widerlegt jeden dieser Vorwürfe mit einer Mischung aus philosophischer Einsicht und praktischen Beispielen.

Erster Vorwurf:
Rückzug aus aktiven Tätigkeiten

Cicero räumt ein, dass das Alter einen von bestimmten aktiven Rollen in der Gesellschaft zurückziehen kann, argumentiert aber, dass es den Menschen die Möglichkeit gibt, sich mehr auf intellektuelle und beratende Tätigkeiten zu konzentrieren. Er betont, dass die mit dem Alter einhergehende Weisheit und Erfahrung für die Gesellschaft von unschätzbarem Wert ist.

Zweiter Vorwurf:
Körperliche Schwächung

Obwohl der Körper mit dem Alter schwächer wird, behauptet Cicero, dass der Geist seine Stärke und Schärfe bewahren kann. Er betont die Bedeutung geistiger Aktivität und lebenslangen Lernens als Mittel, um den Geist lebendig und engagiert zu halten.

Dritter Vorwurf:
Verlust von Vergnügungen

Cicero wendet sich gegen die Vorstellung, dass das Alter uns fast aller Vergnügungen beraubt, und argumentiert, dass es die Vergnügungen aufschiebt, nicht beseitigt. Für ihn sind die Freuden des Alters subtiler und tiefer – die Freude am Gespräch, an der Betrachtung der Welt und an der Freundschaft.

Vierter Vorwurf:
Die Nähe zum Tod

Für Cicero ist der Tod kein altersspezifisches Problem, sondern ein lebenslanges. Er argumentiert, dass ein gut gelebtes Leben eine Vorbereitung auf den Tod ist und dass der Tod von den Weisen nicht gefürchtet werden muss, sondern als natürlicher Abschluss eines erfüllten Lebens angesehen werden kann.

Ciceros Schrift ist daher eine erfrischende und tiefgründige Erinnerung daran, dass jedes Alter seine eigenen einzigartigen Vorteile hat und bietet auch heute noch Orientierung bei der Suche nach einem sinnerfüllten Leben.

Wer sich für das Buch interessiert, kann hier mal schauen.